Große Fußstapfen gehen dem Brettspiel Anno 1800 voraus. Es wurde bereits mehrfach versucht, die erfolgreiche Computerspielreihe in Brettspielform umzusetzen. Zuletzt im Jahr 2007 von Klaus Teuber mit Anno 1701. Dieses Mal hat sich Martin Wallace, der Autor von erfolgreichen Wirtschaftsspielen wie Brass und Steam, daran versucht.
In Anno 1800 möchten wir die Bedürfnisse unserer Bevölkerung erfüllen, indem wir bestimmte Waren produzieren, handeln und neue Welten entdecken. Kern des Spiels sind unsere Bevölkerungssteine, die die einzelnen Bevölkerungsgruppen von einfachen Bauern bis zu Investoren darstellen. Diese können auf unserer Insel in den einzelnen produzierenden und verarbeitenden Industrien eingesetzt werden. Die produzierten Rohstoffe und Waren werden benötigt, um die Bedürfnisse unserer Einwohner zu erfüllen, die in Form von Karten ausgespielt werden und die Hauptquelle unserer Siegpunkte sind. Sie werden auch benötigt, um Expeditions- und Handelsschiffe zu bauen sowie neue Industrien auf unserer Insel zu errichten. Im Verlauf des Spiels bekommen wir Bevölkerungskarten, deren Bedürfnisse extravaganter werden, die aber auch mehr Siegpunkte einbringen. Während es Handwerker nach Konserven und Bier gelüstet, möchten Investoren mit Brillen, Champagner und Dynamit zufrieden gestellt werden. Dazu müssen wir die Industrien auf unseren Inseln konsequent weiterentwickeln, um die erforderlichen Waren zu produzieren. Oder wir nutzen eine zweite Möglichkeit, die ein weiterer wesentlicher Bestandteil von Anno 1800 ist, und zwar der Handel. Kann oder möchte ich eine Ware nicht selbst produzieren, habe ich die Möglichkeit mir diese von einem Mitspieler zu erhandeln. Dazu sind zwei Voraussetzungen notwendig: Zum einen muss einer meiner Mitspieler die entsprechende Industrie gebaut haben, zum anderen muss ich genügend Handelsmarker auf meinen Handelsschiffen vorhalten. Natürlich gilt auch hier: wertvollere Waren benötigen mehr Handelsmarker.
Anno 1800 hat mir in der Erstpartie sehr gut gefallen. Der Charme der Computerspielreihe wird zwar auf seine wesentlichen Mechanismen reduziert, kommt aber voll zur Geltung. Waren produzieren oder erhandeln, Insel ausbauen, neue Inseln entdecken und die Bevölkerung weiterentwickeln ist wunderbar in seinen Mechanismen verzahnt. Man hat wirklich das Gefühl, ein Rädchen greift in das andere. Vorausschauendes Planen ist allerdings essentiell. Durch die wenigen Zufallselemente wird eher eine strategisch, langfristige Planung belohnt, als ein kurzfristiges Taktieren von Runde zu Runde. Daher hat Anno 1800 eine schöne Lernkurve und es lohnt sich, von Partie zu Partie eine neue Heransgehensweise auszuprobieren und das Spiel spielen „zu lernen“. Anno 1800 bietet zudem ein schönes Maß an Interaktion durch den Handel von Waren. Hin und wieder ein Blick auf die Auslage der Mitspieler lohnt sich. Von der Komplexität her, würde ich es derzeit im Kenner- bis Expertenniveau einsortieren. Man kann es mit „Die Kolonisten“ von Tim Puls vergleichen. Allerdings ist es bei weitem nicht so ausufernd. Unsere Erstpartie zu dritt dauerte mit Erklärung ca. 2 ½ Stunden. Ich bin sicher, dass sich die Spieldauer bei weiteren Partien noch verkürzen dürfte. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt auf weitere Partien.